Wer waren die Übersetzer der Neuen-Welt-Übersetzung?
Es fiel schnell auf, dass die Neue-Welt-Übersetzung der Zeugen Jehovas an vielen wichtigen Stellen von anderen Bibelübersetzungen abweicht. Und so stellte sich schnell die Frage, wer diese Übersetzung verfasst hat und welche fachliche Qualifikation die Mitarbeiter des Übersetzungskomitees hatten.
Nach der ausdrücklich genannten Zielrichtung der NWÜ, bestimmte Verse nun endlich „richtig“ und anders als in allen anderen Bibeln zu übersetzen, liegen ja Zweifel an der Objektivität dieser Bibelübersetzung schon einmal nahe. Wenn dann auch noch die Übersetzer verheimlicht werden, kann ja schnell die Frage aufkommen, ob diese Übersetzer überhaupt von ihren Sprachkenntnissen her in der Lage waren, angemessen beurteilen zu können, was der griechische Urtext bedeutet und was er nicht bedeutet. Wer dies nämlich nicht kann, der steht beim Übersetzen um so mehr in der Gefahr, die eigene Ansicht in den Bibeltext hineinzutragen statt sich vom Bibeltext selbst korrigieren zu lassen.
Allerdings hat die Wachtturm-Gesellschaft diese Liste der Mitarbeiter nicht veröffentlicht. Die offizielle Begründung aus „Unterredungen anhand der Schriften“ (Seite 311/312) lautet:
Als das New World Bible Translation Committee seine Urheberrechte der Watch Tower Bible and Tract Society of Pennsylvania übergab, äußerte es den Wunsch, daß seine Mitglieder ungenannt blieben, und dieser Wunsch wurde respektiert. Die Übersetzer trachteten nicht nach Ruhm, sondern wollten dem göttlichen Autor der Heiligen Schrift die Ehre geben.
Im Laufe der Zeit haben andere Bibelübersetzungskomitees einen ähnlichen Standpunkt vertreten. Auf dem Umschlag der 1971 mit Anmerkungen erschienenen Ausgabe der New American Standard Bible heißt es beispielsweise: „Wir haben darauf verzichtet, die Namen der Gelehrten als besondere Empfehlung zu erwähnen, weil wir glauben, daß sich Gottes Wort selbst empfiehlt.“
Ist das eine tragfähige Begründung?
Für mich ist der Vergleich mit der NASB unaufrichtig. Die NASB und die NWÜ lassen sich nicht gleichsetzen. Das Zitat aus der NASB beschäftigt sich mit der Frage, ob die Namen der Übersetzer als „besondere Empfehlung“ in der Bibel (z.B. auf dem Klappentext oder im Anhang) aufgeführt werden. Das muss niemand tun und hier ist Bescheidenheit eine Tugend. Aber darum geht es hier nicht.
Es geht vielmehr darum, dass die Frage nach der Qualifikation der Übersetzer im Raum steht. Es geht um Transparenz und Nachprüfbarkeit.
Wer waren die Übersetzer der NSAB?
Die Übersetzer der NASB haben sich dieser Herausforderung gestellt, die Namen wurden 1995 veröffentlicht. (Siehe z.B. auf der Webseite des Verlags.)
Zur fachlichen Qualifikation: Alle 42 Mitglieder der ursprünglichen Ausgabe von 1971 haben einen Doktortitel. Ebenso 18 von 19 Mitarbeitern an der Revision von 1995.
Zur Konfessionsmitgliedschaft heißt es bei der NSAB
The translators come from Presbyterian, Methodist, American Baptist, Disciples, Southern Baptist, Nazarene, General Association of Regular Baptist, Congregational, Independent Baptist, Free Methodist, and still other denominations.
Auch darin unterscheidet sich die NSAB von der NWÜ. Es ist wichtig, dass eine Übersetzung von einer breiten Zahl von Konfessionen getragen wird. Nur das schafft Sicherheit, dass sich eine Konfession nicht ihre eigene Bibelauslegung in die Bibelübersetzung hineinschreibt.
Was meinte Jesus zu Geheimniskrämerei?
Diese Transparenz will die WTG nicht. Mir ist solche Geheimniskrämerei suspekt. Und sie macht auch keinen Sinn, denn sie fällt am Ende immer auf einen selbst zurück und dies passiert oft schneller als es einem lieb ist. Schon Jesus selbst hat davon gesprochen (Markus 4:22, Schlachter-Übersetzung)
Denn nichts ist verborgen, das nicht offenbar gemacht wird und nichts geschieht so heimlich, daß es nicht an den Tag kommt.
Oder kurz gefasst: irgendwann kommt alles raus.
Ich kann mir im Übrigen kaum Vorstellen, dass es hier einfach um den „Wunsch der Übersetzer geht, ungenannt zu bleiben. Man sollte sich hier vor Augen halten, dass sich die WTG als Theokratie versteht, in der oben die Entscheidungen getroffen und diese dann unten befolgt werden. Wenn die „Leitende Körperschaft“ sagen würde: liebe Übersetzer, wir haben Verständnis für Euren Wunsch, aber das geht nicht, dann geht das nicht und dann werden die Namen veröffentlicht.
Wer waren nun die Übersetzer?
Die Versuche, diese Namen geheimzuhalten, sind gescheitert. Raymond Franz hat die Liste der Übersetzer veröffentlicht. Raymond Franz war von 1971 bis 1980 Mitglied der „Leitenden Körperschaft“ der Zeugen Jehovas. Nach seinem Ausstieg hat er ein Buch („Crisis of Conscience“ also „Gewissenskonflikt“) über seine Zeit bei den Zeugen Jehovas geschrieben und in diesem Buch sind die Namen der Übersetzer und ihre sprachliche Qualifikation aufgeführt. Von den vier Mitgliedern hatte nur eines überhaupt Griechisch studiert, allerdings ohne Abschluss.
Eines der Mitglieder war übrigens der damalige Präsident der WTG, Nathan Knorr. Damit erübrigt sich auch die Frage, wieso die Leitung der WTG dem „Wunsch des Übersetzungskomitees“ entsprochen hat.
Was ist das Fazit hinsichtlich des Übersetzungskomitees? Die Qualifikation des Übersetzungskomitees ist fraglich. Man sollte daher beim Vergleich der NWÜ mit dem griechischen Original mit einigen Überraschungen rechnen.